Eingewöhnung
In der kindlichen Entwicklung bildet der Übergang von der gewohnten familiären Atmosphäre in den Kindergartenalltag eine wichtige Phase. Das Kind muss sich in kürzester Zeit auf viele neue Veränderungen gewöhnen:
- unbekannte Kinder
- andere Spielsachen
- klare Regeln
- strukturierter Tagesablauf
- neue Bezugspersonen
Daher sollten die Erwartungen runter geschraubt werden. denn die Kinder können sich nicht von heute auf morgen auf die neue Situation anpassen. Eine sanfte Eingewöhnungsphase ermöglicht den Kindern den Trennungsschmerz zu minimieren, so kann das Kind sich mit der neuen Erzieherin vertraut machen und die neugewonnenen Eindrücke verarbeiten.
Die Praxis zeigt, wie wichtig die Einbeziehung der Eltern in die Eingewöhnung ist. Aus diesem Grund werden sie auch im Aufnahmegespräch über unser Eingewöhnungskonzept ausführlich aufgeklärt. Auch die Vorlieben, Abneigungen und Gewohnheiten des Kindes werden erfragt und von der Erzieherin dokumentiert. Die Eltern haben außerdem die Möglichkeit weitere Informationen zum Kita-Alltag zu erfragen. Um die Trennungsängste der Eltern zu mildern, bieten unsere Einrichtungen am Anfang des Kitajahres Elternabende über das Thema „Eingewöhnung und Vorstellung der pädagogischen Arbeit“ an. So haben Eltern die Möglichkeit andere Eltern kennenzulernen und Erfahrungen auszutauschen.
Die Eingewöhnungsdauer ist von Kind zu Kind verschieden – denn jedes Kind durchlebt eine individuelle Eingewöhnung. Es kommt immer wieder vor, dass sich Eltern über die lange und zeitintensive Art unserer Eingewöhnung beschweren, jedoch bemerken Sie kurze Zeit später, wie sanft und effektiv dieses für ihr Kind ist..
In unseren Einrichtungen wird das INFANS-Eingewöhnungsmodell angewendet. Es wurde von Laewen und Andres am Institut für angewandte Sozialisationsforschung entwickelt und ist auch bekannt als das Berliner Modell. Das Konzept ist bindungsorientiert und verschafft somit Sicherheit und Geborgenheit für das Kind. Ziel des Konzeptes ist, dass das Kind nach (neben) den Eltern auch eine Bindung zur Erzieherin aufbaut und diese als Ansprechpartner akzeptiert.
Die Vorstellung des INFANS – Eingewöhnungsmodells
Das Konzept teilt die Eingewöhnung in fünf Phasen auf:
1. Phase der Eingewöhnung: Eltern informieren
Die Eltern werden vor Beginn des Eingewöhnungsprozesses über den Ablauf und die Bedeutung des begleitenden Eingewöhnens informiert. Der Hinweis darauf, dass Eltern als Hauptbildungspersonen bleiben, wird an die Eltern vermittelt. Die Erzieherin achtet darauf, die eventuell vorhandenen Trennungsängste der Eltern zu minimieren, denn sonst würde diese Situation den Eingewöhnungsprozess erschweren.
2. Phase der Eingewöhnung: die dreitägige Grundphase
Während der Grundphase hält sich ein Elternteil gemeinsam mit dem Kind 1-2h in der Einrichtung auf. Die Mutter bzw. der Vater sollte sich dabei eher passiv verhalten und das Kind nicht dazu zwingen sich vom Elternteil zu entfernen. Das Kind soll die Möglichkeit bekommen, die neue Umgebung nach eigenem Wunsch zu erkunden. Die Bezugsperson beobachtet das Kind und nimmt vorsichtig über Spielangebote Kontakt auf. Das Elternteil sollte sich während der gesamten Eingewöhnung möglichst nicht anderweitig beschäftigen, sondern die volle Aufmerksamkeit dem Kind schenken.
3.Phase der Eingewöhnung: die Trennungsphase
In dieser Phase findet eine erste kurze Trennung statt. Das Elternteil verabschiedet sich einige Minuten nach dem Ankommen vom Kind und verlässt den Gruppenraum. Es bleibt jedoch in der Einrichtung und kann so jederzeit in den Gruppenraum zurückkehren. Mit der Reaktion des Kindes kann eine vorläufige Entscheidung über die Dauer der Eingewöhnung getroffen werden. Wenn das Kind wenig Kontakt zum Elternteil sucht und sich mit den angebotenen Spielmöglichkeiten der Bezugsperson ablenken lässt, ist eine kurze Eingewöhnung von etwa 6 Tagen möglich. Doch wenn das Kind häufig weinerlich wirkt und Kontakt zum Elternteil sucht, sich nicht von der Bezugsperson beschäftigen lässt, wird das Elternteil zurückgerufen und es folgt somit eine längere Eingewöhnung von ca. 2-3 Wochen. Nach einem Abbruch sollte auf den nächsten Trennungsversuch einige Tage gewartet werden.
4. Phase der Eingewöhnung: die Stabilisierungsphase
In dieser Phase übernimmt die Bezugsperson zunehmend die Versorgung des Kindes. Die Trennungsdauer wird verlängert, wobei ein Elternteil immer noch in der Kita bleibt. Die Erzieherin überprüft regelmäßig die Signale des Bindungsaufbaus, z.B. ob sich das Kind trösten lässt, ob es die Räume der Kita erobert, ob es Kontakte zu anderen Kindern knüpft und ob es Essen und Wickeln als normale Alltagsituationen akzeptiert. Das Kind wird morgens in die Kita gebracht und nach dem Mittagessen wieder abgeholt.
5.Phase der Eingewöhnung: die Schlussphase
Wenn das Kind sich geborgen fühlt und eine positive und intensive emotionale Bindung zu den Bezugspersonen besteht, beginnt die Schlussphase. Das Kind bleibt den ganzen Tag über in der Kita. Die Mutter bzw. der Vater muss nicht mehr in der Einrichtung bleiben, sollte aber für alle Fälle jederzeit telefonisch erreichbar sein. Den Verlauf der Eingewöhnung und den Bindungsaufbau zum Kind dokumentiert die Bezugsperson in einem Protokoll.
Quellen:
• Laewen, H; Andres, B; Hedevari, E (2009): Die ersten Tage- ein Modell zu Eingewöhnung in Krippe und Tagespflege. Cornelsen Verlag, 4.Auflage
• Braukhave, K; Knobeloch, J (2011): Das Berliner Eingewöhnungsmodell- Theoretische Grundlagen und praktische Umsetzung.
• Verfügbar unter http://www.kitafachtexte.de/fileadmin/website/KiTaFT_Braukhane_Knobeloch_2011.pdf